Der Bestseller VW Golf geht in die achte Runde. 1974 begann seine Erfolgsgeschichte und mittlerweile ist er mit über 35 Millionen Exemplaren das meistverkaufteste deutsche Auto weltweit. Ob man ihn mag oder nicht, in seiner Klasse war er immer der Maßstab für die Konkurrenz. Und der Golf 8 basiert auf dem Golf VII, der ja bekanntlich Klassenprimus war. Somit hat der neue Golf beste Voraussetzungen, die Wolfsburger Erfolgsgeschichte weiter zu schreiben.
Ein VW Golf bleibt sich immer treu und verzichtet auf modische Spielereien. Zumindest beim Karosseriedesign. Betrachtet man den neuen Golf von der Seite, so fallen zu seinem Vorgänger kaum gravierende Veränderungen auf.
Gut, er ist etwas kantiger als sein Vorgänger gezeichnet und eine Chromleiste schließt jetzt unten an den Fenstern ab. Außerdem zieht sich eine Kante in Höhe der Türgriffe von den Vordertüren bis in die Rückleuchten hinein. Aber ansonsten sieht der Neue aus wie ein Golf.
In der Länge hat der Golf 8 um zwei Zentimeter auf 4,28 Meter zugelegt. Die Breite ist gleich geblieben und in der Höhe ist er mit 1,46 Meter um drei Zentimeter niedriger als ein Golf VII. Und beim Radstand herrscht mit 2,46 Metern wieder Gleichstand. Kein Wunder also, dass die Platzverhältnisse im VW Golf 8 für Passagiere und Gepäck fast identisch wie beim Vorgänger sind.
Für unseren Testwagen, ein VW Golf 8 Style 1.5 eTSI, stehen zehn Karosseriefarben zur Verfügung. Uranograu ist ohne Aufpreis. 740,85 Euro kostete beim Testwagen die Metalliclackierung Limonengelb. Den Golf 8 gibt es nur als fünftüriges Modell und in vier Ausstattungsvarianten: Golf (ab 19.880 Euro), Life (ab 24.316 Euro), Style (ab 28.254 Euro) und R-Design (29.580 Euro).
Klare Formen bestimmen das neue Golf-Heck, das für mich die größten Veränderungen zum Vorgänger gemacht hat. Breiter sind der Dachspoiler, die Heckklappe und -fenster geworden. Die zweigeteilten Rückleuchten, komplett mit LED-Technik bestückt, und die geänderte Stoßstange bewirken beim kompakten Golf 8 einen stämmigen Auftritt. Geblieben sind leider die Fake-Auspuffblenden.
Die weit heruntergezogene Front lässt den VW Golf 8 breiter wirken als er eigentlich ist. Auffallend sind auf der Motorhaube die vier Kanten. In der getesteten Style-Ausstattung hat der Kompaktwagen serienmäßig schmale LED-Plus-Scheinwerfer – LED-Matrix-Scheinwerfer mit dynamischer Fernlichtregulierung inklusive Licht- und Sicht-Paket kosten 1.096 Euro Aufschlag. Nettes Detail: Eine Leiste zwischen den Scheinwerfer ist beleuchtet.
Auch beim Kofferraumvolumen hat sich gegenüber dem Vorgängermodell nicht viel getan. 381 Liter passen jetzt in den 1.366 Kilogramm schweren VW Golf 8. Bei umgelegten Rücksitzlehnen erhöht sich das Volumen auf 1.237 Liter. Maximal kann der kompakte Wolfsburger gut 500 Kilogramm zuladen. Die zulässige gebremste Anhängelast (bei 8 Prozent) liegt bei 1.700 Kilogramm. Die anklappbare Anhängevorrichtung ist für 857 Euro zu haben.
Unter dem Kofferraumboden befindet sich das Bordwerkzeug und ein 12-Volt-Kompressor inklusive Reifendichtmittel. Ein gewichts- und platzsparendes Reserverad kostet 102 Euro. Praktisch: Der Kofferraumboden kann beim hochklappen seitlich festgeklemmt werden.
Bei den Platzverhältnissen hat sich im VW Golf 8 gegenüber seinem Vorgänger nicht viel verändert. Durch weit öffnende Türen gelingt der Einstieg mühelos und vier Erwachsene können es sich in beiden Reihen bequem machen. Auch bei der Kopf-, Knie- und Beinfreiheit sowie der Sitzergonomie gibt es nichts zu meckern.
Dank der serienmäßigen 3-Zonen-Klimaautomatik in der Style-Ausstattung (ersetzt Highline), kann die Temperatur in der zweiten Reihe individuell eingestellt werden. 2 USB-C-Ladebuchsen an der hinteren Mittelkonsole liefern den nötigen Strom für Handy und Tablet. Die Rücksitzlehne kann im Verhältnis 40:20:40 geklappt werden.
Neben Leselampen und einer Mittelarmlehne mit Dosenhalter (dahinter liegt die Durchreiche) gibt es im Fond noch Ablagen in den Türen und an den Vordersitzen. Elektrische Fensterheber sind in der zweiten Reihe serienmäßig. Leider lassen sich die hinteren Scheiben nicht vollständig versenken.
Der serienmäßige ergoActive-Fahrersitz mit elektrischer Einstellung, Memory-Funktion und verschiebbarer Oberschenkelauflage war super bequem und bot viel Seitenhalt. Unter dem Beifahrersitz ist der Lithium-Ionen-Akku geparkt.
Ein Wort zu den Materialien. Beim VW Golf 8 gibt es neben aufgeschäumten Flächen und ein wenig BlingBling leider auch viele Flächen die von Hartplastik dominiert werden. Die Materialverarbeitung war beim Testwagen ohne Beanstandung und auch die einzelnen Komponenten waren perfekt zusammengefügt.
Ein Blick auf das neue Armaturenbrett zeigt, im Golf ist nichts mehr so wie gewohnt. Analoge Instrumente sind digitalen gewichen. Knöpfe findet man nur noch am lederbezogenen Multifunktionslenkrad mit Schaltwippen (131 Euro). Das digitale Cockpit ist in allen Golf-Modellen serienmäßig und kann individuell eingerichtet werden.
Daneben befand sich auf gleicher Höhe im Test-Golf ein 10,2-Zoll-Touchscreen (8,25-Zoll ist Serie). Beide bieten ein kontrastreiches Bild, viele Menüs und lassen sich gut ablesen. Fahrinfos wie Geschwindigkeit, Tempolimit oder Navi-Hinweise können jetzt auch mit einem Head-up-Display (682 Euro) in die Scheibe projiziert werden.
Keine Frage, dass digitale Cockpit ist modern, aufgeräumt und bietet viele Einstellmöglichkeiten. Man kann sich zum Beispiel aus der Ambietebeleuchtung seine Lieblingsfarbe auswählen oder die Füße kühlen lassen. Fast alles ist möglich.
Aber die Sache hat einen Knackpunkt. Volkswagen und speziell der Golf standen immer für einfache, intuitive Bedienung. Das ändert sich mit dem Golf 8 gravierend. Nicht jeder Golf-Fahrer gehört zur Generation Smartphone und wird dieses volldigitale Cockpit und die Bedienung mögen.
Bei der Bedienung vom Touchscreen muss man streichen und wischen um die Einstellungen zu verändern. Eine zielgenaue und ruhige Hand ist hier Voraussetzung. Soll die Temperatur oder die Lautstärke vom Radio (geht auch über Lenkradtasten) verändert werden? Dafür gibt es jetzt “Slider” unterhalb des Touchscreens, die aber schlecht zu erreichen und bei Dunkelheit nicht beleuchtet sind.
Jede Änderung auf dem Touchscreen während der Fahrt lenkte mich vom Straßenverkehr ab. Konventionelle Knöpfe oder Drehregler wären manchmal die bessere Alternative gewesen.
Ein weiteres Beispiel für Verbesserungsbedarf sind die Tastenfelder für Licht und Sicht links neben dem Lenkrad und für Fahrmodus und Klima um den Warnblinkschalter. Weiße Symbole und Schrift auf glänzend-schwarzer Fläche lassen sich am Tage kaum erkennen, geschweige intuitiv bedienen.
Im VW Golf 8 gibt es eine Sprachsteuerung über die sich vieles bedienen lässt und die auch ganze Sätze versteht – meistens jedenfalls. “Hallo Volkswagen” und dann den entsprechenden Wunsch sprechen wie z.B. “hinten rechts ist es zu kalt” und die Temperatur wird automatisch erhöht.
Der neue Golf kann aber noch viel mehr. Er öffnet auf Wunsch per Smartphone (nur Samsung) die Türen. Legt der Fahrer ein VW-Benutzerprofil in der Cloud an, kann er z.B. seine Sitz- oder Klimaeinstellungen speichern und bei Bedarf im gemieteten Urlaubs-Golf-8 abrufen.
Einige Extras wie z.B. ein Navi kann man beim VW Golf 8 noch nachträglich kaufen und online freischalten lassen. Der kompakte Wolfsburger tauscht auch Daten per WLAN mit anderen Fahrzeugen aus (Car2X) und warnt vor Unfällen oder auch einem Stauende.
Öffnet man die Motorhaube kommt die erste Überraschung. VW verwendet keine Gasdrucklifter mehr als Halterung für die Haube, sondern eine einfache Metallstange. Kosten sparen? Nein, es soll technischbedingt mit den Fußgängerschutz verbessern. Überraschung Nummer zwei. Weder die Motorhaube noch die beiden Kotflügel sind innen lackiert. Spart Kosten, sieht aber nicht schön aus.
Der Testwagen hatte einen Vierzylinder-48-Volt-Mildhybrid-Benzinmotor mit 1.498 cm³. Er leistet 150 PS und 250 Newtonmeter liegen zwischen 1.500 und 3.500 U/min an. Damit schafft der VW Golf 8 1.5 eTSI den Sprint von 0 auf 100 km/h in 8,5 Sekunden und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 224 km/h. Der Benzinmotor wird in Kombination mit dem 48-Volt-Mildhybridsystem von einem Riemenstartergenerator als Booster unterstützt.
Gestartet wird per Knopfdruck und das erste Wow-Erlebnis stellt sich beim Anfahren ein. Das DSG braucht jetzt keine Gedenksekunde mehr und beschleunigt das Auto sanft und ohne ruckeln. Riemen-Startergenerator sei Dank. Der sammelt seine Energie hauptsächlich beim Verzögern und speichert diese im 48-Volt-Akku. Rein elektrisch kann der Golf eTSI nicht fahren. Es gibt übrigens auch noch eine normale 12-Volt-Batterie im Motorraum.
Der eTSI bietet dem Fahrer ab einer bestimmten Geschwindigkeit einen Segelmodus an. Dabei sinkt die Drehzahl auf Null und der Golf 8 rollt antriebslos weiter. Das soll beim Spritsparen helfen. Während der Testfahrt genehmigte sich unser Zitronenfalter (die Lackierung animierte zu dem Namen) im Durchschnitt übrigens 6,6 Liter. Beschleunigt man den Wagen wieder, erweckt der Riemengenerator den Benzinmotor verzögerungsfrei ins Leben zurück.
Der Grundpreis für den günstigsten VW Golf 8 liegt bei 19.880,85 Euro. Der Grundpreis vom getesteten 1.5 eTSI liegt bei 28.254,30 Euro. Der Testwagen kam mit einigen Zusatzausstattungen aber locker über 40.000 Euro.
Dafür gibt es dann ein Auto, dass digital und vernetzt ausgestattet ist. Bei der Bedienung und den verwendeten Materialien im Innenraum hat der VW Golf 8 Verbesserungsbedarf. Bei der Fahrsicherheit, dem Handling und dem Fahrkomfort gibt es nichts zu meckern. Da ist er dann wieder ein typischer Golf.
Der Testwagen Golf 8 wurde von Volkswagen zur Verfügung gestellt.