Der VW Tiguan eroberte erst relativ spät den SUV-Markt. 2007 begann sein fast schon beängstigender Aufstieg im SUV-Segment. Sowohl die erste als auch die zweite Generation ab 2016 wurden Bestseller.
Er ist bei den Kunden sehr beliebt, was auch die knapp 46.000 Neuzulassungen von Januar bis September 2020 in Deutschland eindrucksvoll belegen. 2019 wurden weltweit von dem Kompakt-SUV über 900.000 Fahrzeuge gebaut. Nach dem Dauerbrenner VW Golf verkauft sich der Tiguan von allen Wolfsburger-Modellen am Besten und belegt auch in der Zulassungsstatistik Platz zwei.
Im Sommer 2020 wurde nun der Bestseller frisch geliftet. Nicht nur am Blech wurden Veränderungen vorgenommen, sondern u.a. auch bei den Motoren, den Scheinwerfern und der Ausstattung. Damit ist er für die Zukunft gerüstet und hat gute Voraussetzungen im weiterhin wachsenden SUV-Markt die Nummer 1 zu bleiben. Zum Test stand der Redaktion ein VW Tiguan 1.5 TSI in der R-Line Version zur Verfügung.
Vier Ausstattungsvarianten gibt es aktuell für den gelifteten VW Tiguan. Die Einsteiger-Variante ab 28.205,55 Euro nennt sich Tiguan. Es folgen Life ab 29.974,79 Euro und Elegance 36.856,80 Euro. Die getestete R-Line-Version ab 39.230,42 Euro rundet das Quartett ab. Die Karosseriemaße haben sich so gut wie kaum verändert.
Das Karosseriedesign des VW Tiguans war noch nie ein Ausdruck von atemberaubender Schönheit oder extravaganter Spielerei. Doch gerade sein sachliches Design macht ihn bei den Kunden so beliebt. Zumal es ja meistens nicht auf die äußeren, sondern mehr auf die inneren Werte und letztendlich auf das Gesamtpaket ankommt. Und das stimmt beim VW Tiguan am Besten.
Sieben Farben stehen aktuell für die R-Line Variante zur Verfügung, wobei nur Pure-white ohne Aufpreis ist. Der Testwagen war in Nightshade Blue Metallic (594,63 Euro) gehüllt und 19-Zoll-Räder sind serienmäßig dabei. Beim Seitendesign hat sich gegenüber dem Vorgänger nicht viel verändert. Auffälligste Veränderung sind die jetzt in die Kotflügel verlaufenden Scheinwerfer.
An der Front des neuen VW Tiguan haben die Designer bis zur A-Säule schon deutlich mehr Veränderungen vorgenommen. Das neue VW- und R-Line-Logo sind im Kühlergrill mit jetzt vier Spangen platziert worden. Die IQ.Light LED-Matrix-Scheinwerfer (599,50 Euro – LED-Scheinwerfer sind immer serienmäßig dabei) à la Golf 8 kann ich nur empfehlen.
Die Motorhaube ist höher positioniert worden und Richtung Kühlergrill leicht abgekantet. In der neuen Schürze umlaufen Chromspangen die großen, aber nur angedeuteten Lufteinlässe (in der VW Tiguan R-Version sind sie offen). Hochglanzschwarz peppt die Optik der sportlichen Front noch zusätzlich auf.
Den Heckbereich ziert nun auch das neue VW-Logo und der darunterliegende Tiguan-Schriftzug. Die Rückleuchten sind in LED-Technik und haben jetzt auch Wischblinker. Die Auspuffblenden sind ebenfalls neu gestaltet, aber leider nur Fake. Schade fand ich, dass die Rückfahrkamera weiterhin frei liegt und bei Regen schnell verschmutzt.
Die Heckklappe mit elektrischer Öffnung und Schließung kostet 385,04 Euro. Warum der Tiguan so erfolgreich ist, zeigt sich u.a. am Platz für 615 Liter Gepäck. Die Rücksitzlehnen lassen sich aus dem Kofferrraum per Hebel umlegen und dann erhöht sich das Volumen auf 1.655 Liter – leider ist eine Stufe geblieben.
Die maximale Zuladung beim R-Line beträgt 586 Kilogramm und er kann bis zu 2.000 Kilogramm an den Haken nehmen. Praktisch und serienmäßig ist die umklappbare Beifahrersitzlehne.
Praktisch fand ich neben der 12-Volt Buchse auch die 230 Volt Steckdose im Kofferraum. Die linke Kofferraumleuchte lässt sich abnehmen und als Taschenlampe nutzen.
Alle vier Türen öffnen beim VW Tiguan in einem sehr großen Winkel und SUV-typisch schiebt man sich bequem auf die sehr gut ausgeformten und gepolsterten Alcantara-Stoff-Sitze. Die zweite Reihe bietet für zwei große Personen in alle Richtungen sehr gute Platzverhältnisse.
Serienmäßig hatte der Testwagen eine asymmetrisch teilbare, längs verschieb- und klappbare Rücksitzbank mit Durchlademöglichkeit. In den Rücklehnen der Vordersitze befinden sich jeweils oben zwei kleine Taschen und darunter eine größere. Trinkflaschen finden in den Türtaschen und in der geklappten Mittelarmlehne platz.
Die Temperatur kann mit der serienmäßigen 3-Zonen-Klimaautomatik auch hinten individuell eingestellt werden. Die Rücksitzlehnen lassen sich stufenlos verstellen.
Erster Eindruck in der ersten Reihe: Viele bekannte Dinge und einige Veränderungen. Aber der Reihe nach. Die Sitze sind sehr bequem, hatten aber keine Verlängerungsmöglichkeit für die Oberschenkelauflage. Die Platzverhältnisse sind mehr als ausreichend und die Rundumsicht (bis auf den Blick Richtung C-Säule) für den Fahrer ist SUV-typisch gut.
Die verwendeten Materialien versprühen zwar keinen Premium-Charme, sind für die Preisklasse durchaus sehenswert. Zumindest bis auf Höhe der Mittelkonsole, denn ab dort regiert Hartplastik. Bei der Verarbeitung gab es beim Testwagen nichts zu beanstanden. Neben den Türtaschen gibt es im VW Tiguan R-Line noch ausreichend Ablagemöglichkeiten in der Mittelkonsole und im Dachhimmel.
Ein Highlight war für mich das sehr griffige und stylische neue Multifunktionslenkrad. Hier wurden die Bedienknöpfe gegen Touchflächen ausgetauscht. Ob das einen Mehrwert bringt muss jeder für sich selber herausfinden.
Das Bedienteil für die Klimatisierung wurde komplett überarbeitet. Statt Drehreglern und Knöpfen gibt es jetzt Touchflächen und Berührungsschieber, sogenannte Slider. Sieht sicherlich schick aus und ist zeitgemäß, aber bei der Bedienung während der Fahrt braucht man schon eine ruhige und zielgenaue Hand.
Beim optionalen Head-up-Display (550,76 Euro) verließ den Wolfsburgern etwas der Mut (oder sind es die Kosten?), denn es wird nicht in die Frontscheibe sondern noch immer auf eine Platikscheibe projiziert.
Das 10,25-Zoll volldigitale Farbdisplay ist beim VW Tiguan in der R-Line Version serienmäßig und kann über das Lenkrad individuell konfiguriert werden. Die Darstellungen sind sehr kontrastreich und gut ablesbar. Die Lüftungsdüsen, der Schalthebel mit den umliegenden Knöpfen, die elektrischen Fensterheber und das unbeleuchtete Ablagefach mit den zwei USB-C-Buchsen blieben unverändert.
Bei den Assistenssystemen hatte der Testwagen den Fahrassistent “Travel Assist” und Spurhalteassistent “Lane Assist”, die automatische Distanzregelung ACC “stop & go” mit Geschwindigkeitsbegrenzer, den Notbremsassistent “Front Assist” und den Fernlichassistenten “Light Assist” serienmäßig an Bord. Wem das nicht ausreicht, der kann optional reichlich Kreuze bei den Sonderausstattungen machen.
Vier Diesel- und ein Benzin-Motor sind aktuell beim R-Line-Modell im Angebot. Der Testwagen hatte den 150 PS Benzin-Motor und das 7-Gang-DSG an Bord. Die Motorleistung reicht für die meisten Einsatzgebiete des Fronttrieblers vollkommen aus und bietet gute Fahrleistungen. 9,2 Sekunden vergehen für den Sprint auf 100 km/h und 202 km/h beträgt die Höchstgeschwindigkeit. Der Testwagen verbrauchte im Durchschnitt 7,5 Liter Super.
Wer den VW Tiguan als Zugfahrzeug nutzen möchte, sollte sich lieber bei den Diesel-Motoren umschauen. Sie verbrauchen weniger und können höhere Lasten an den Haken nehmen.
Viel wichtiger ist wie sich der neue VW Tiguan fährt. Natürlich hat er alle postiven Gene von seinem Vorgänger übernommen. So fährt sich auch der neue VW Tiguan komfortabel, angenehm und souverän. Traktionsprobleme kennt er nicht. Karosserieneigungen in Kurven sind fast nicht zu merken. Der Motor läuft ruhig und bleibt sehr lange für die Insassen akustisch zurückhaltend. Und auch die Abstimmung zwischen Motor und Getriebe passt. In jeder Situation bleibt er beherrschbar und ist nicht ohne Grund der SUV-Bestseller.
Der VW Tiguan war eine Erfolgsgeschichte und nach dem Facelift wird er sie fortführen. Mit seinen Platzverhältnissen, den Assistenzsystemen, der Motorenauswahl und seinem komfortablen Fahrwerk hat er alles, was die meisten Käufer von einem SUV erwarten. Wünschenswert wäre nur noch eine längere Garantiezeit. Noch zu erwähnen ist, dass die Einsteiger Variante vom VW Tiguan 28.205,55 Euro kostet und damit billiger als sein Vorgänger ist.
Der Testwagen wurde von Volkswagen zur Verfügung gestellt.